Schallkompressor aus Altena

Und noch ein Schmuckstück aus der Paderborner Sammlung: das Graetz Sinfonia 522 mit Schallkompressor! Als erstes springt einem die Farbgestaltung der Skalenscheibe ins Auge, man wollte neue Akzente setzen und verwendete nun kein schwarz mehr an diesem Modell, sondern grau. In meinen Augen wirkt es dadurch nicht edler, aber etwas moderner für die damalige Zeit. Wieder wurde der mittige Druckkammerlautsprecher mit den trompeten-ähnlichen Kanälen zur Seite geleitet.

Graetz Sinfonia 522

Graetz Sinfonia 522

Das Gehäuse ist wieder sehr gut erhalten und auch alle Funktionen laufen alle ohne Fehler. Ich finde jedoch, dass die gewaltige Bezeichnung „Schallkompressor“ einen druckvolleren Klang suggerieren soll, als er wirklich ist. Natürlich müsste ich jetzt erst einmal durchmessen, ob auch im Bereich der NF-Stufe alle Werte im Sollbereich sind, aber der „Bums“ in dieser Klasse im direkten Verglich z.B. zu Grundig lässt den Klang jedoch nur als durchschnittlich erscheinen.

Graetz Sinfonia 522

Gehäuse noch gut in Schuss

Graetz Sinfonia 522

Blick ins Innere

Graetz Sinfonia 522

Graetz Sinfonia 522

Graetz Sinfonia 522

Rückwand

Am 23.04.1957 bestand dieses Gerät die Endkontrolle bei Herrn/Frau Weissbrod im Altenaer Graetz-Werk:

Graetz Sinfonia 522

Endkontrollstempel

Nach der Erneuerung des Kathodenelkos der Endstufe spielt sie nun auch richtig kräftig.

Technische Daten:

Produktionsjahr: 1957–1959
7 Röhren: ECC85, ECH81, 2x EF89, EM34,EABC80, EL84
8 AM-Kreise + 13 FM-Kreise
4 Lautsprecher, Ausgangsleistung 6 W
Gehäuseabmessungen (BHT): 680 x 400 x 305 mm, 16 kg
Originalpreis 448.- DM

Hier der Schaltplan als PDF-Download
(rechte Mousetaste und  „Ziel speichern unter…“)

6 Beiträge zu “Schallkompressor aus Altena”

  1. Diogenes sagt:

    Dieser Rundfunkempfänger ist schon was besonderes. Die Sache mit dem Schallkompressor hat Vorteile:
    Wenn man die Front betrachtet, sieht man einen ovalen Hochtöner für die direkte Abstrahlung. Soweit klar. Nun liefen seinerzeit bei allen großen Herstellern die Bemühungen, einen möglichst effektiven „3-D“Klang zu bewerkstelligen, auf Hochtouren. Wichtig war es zudem, die hohen Töne auch noch in größerer Entfernung vom Gerät gut hörbar abzubilden. Beide Anforderungen erfüllte die „Kompressortechnik“.

    Grundig hat ebenfalls mit Kompressoren gearbeitet, ein Beispiel ist das kleine Fernseh- & Radiowunder ZAUBERSPIEGEL (Auch hier in Tilos Sammlung). Hier kamen noch Platzprobleme als Lösungszwang hinzu.

    Bassdefizite bei Röhrenradios, deren Lautsprecher nahezu die gesamte Schallwand einnehmen, sind nicht verwunderlich. Da kann nämlich nichts mehr richtig schwingen (–> Resonanzkörper). Um doch noch etwas mehr Druck zu bekommen, kann man den Koppelkondensator vor dem Steuergitter der EL84 in seiner Kapazität etwas erhöhen. Das ist nicht grade besonders „wissenschaftlich“, funktioniert aber ganz gut.

    Grundsätzlich sind bei allen dieser alten Endstufen die Kathoden-R/C-Kombinationen (Elko+Widerstand parallel zwischen Kathode und Masse) zu überprüfen. Der Widerstand kann Schaden genommen haben, wenn der Elko schon „taub“ war und trotzdem lustig weiter mit dem Gerät Musik gehört wurde.

    Und immer daran denken: „Öffnen des Gerätes nur durch einen Fachmann erlaubt“ !

    Lassen Sie niemals einen Pfuscher, einen „Möchtegern“, oder einen, der „Ahnung“ hat, an Ihre wertvollen Geräte. Ein Draht von hier nach da, ein Widerstand von rechts nach links, ein Eldo von dort nach quer, „nur“ mal eben falsche Bauteile rein, man kann ja „probieren“, oder „experimentieren“, oh, hoppla, „aus Versehen“ Anodenspannung auf Kathode legen usw…

    Schützen Sie sich vor solchen dummen, dreisten Fummlern, die glauben und behaupten, sich ungelernt in der komplexesten und kompliziertesten Konsumertechnologie des 20. Jahrhunderts bewegen zu können.

    Auch nicht „in einem gewissen Rahmen“; den gibt es nämlich nicht.

    Der Beruf des Radio- & Fernsehtechnikers war einer der anspruchsvollsten Berufe zw. 1935 und 2005. Abitur, hohe Kenntnisse in Mathematik und Physik waren Vorraussetzung für eine Ausbildung. Intensivste Ausbildung von mindestens dreieinhalb Jahren, begleitet von unzähligen zusätzlichen Lehrgängen und Seminaren. Nach der Ausbildung weitere zwei bis vier Lehrgänge/Fortbildungen pro Jahr, und das lebenslang. DAS ! … ist der Rahmen, und nichts anderes.

    Wenn Ihr Gerät einmal in die Hände eines solchen gewissenlosen, größenwahnsinnigen „Selfmade-Bastlers“, der überheblich über allem zu stehen glaubt, gefallen ist, kann Ihr Gerät SCHROTT sein. Ein falscher Anschluß, ein falsches Bauteil: Innerhalb von NANO-Sekunden kann eine ganze Schaltung irreparabel und komplett zerstört sein. Solche „Hinrichtungen“ sind nicht nötig.

    Der „echte“ Bastler ist nicht vermessen und voller Selbstüberschätzung, kennt seine Grenzen und fragt nach Hilfe.

    „Mit rot glühenden Heizfäden in der Kathode freut sich die Röhre, wenn das Anodenblech dabei schwarz bleibt“ 🙂

    So, ich geh mal eben zu Odysseus rüber, gute Laune tanken …

    1. Diogenes sagt:

      BOUCHEROT-GLIED

      In manchen Rundfunkempfängern wurde im Endstufenkreis ein sogenanntes „Boucherot-Glied“, auch „Zobelschaltung“ genannt, eingebaut. Dabei handelt es sich um eine Kondensator-Widerstandskombination, bei der ein (Impuls-)Kondensator und ein Widerstand in Reihe geschaltet sind. Diese RC-Kombination wurde in der Regel dem Ausgangstrafo primärseitig parallelgeschaltet.

      Schlicht ausgedrückt soll dieses Mittel aufschwingende Hochfrequenz unterdrücken. Aber auch Induktionsspitzen, die in der Primärwicklung des AÜ entstehen können (vgl. Selbstinduktion) und zu sehr hohen Wechselspannungsspitzen führen, werden über diese RC-Kombination sozusagen „kurzgeschlossen“. Dabei wird das Verhalten eines Kondensators gegenüber einer Induktivität genutzt: Je höher die Frequenz, desto niedriger der Widerstand, den der Kondensator dann bildet. In diesem Falle wird dann der unzulässig hohe Wert über den ohmschen Widerstand des „Boucherot-Gliedes“ abgeleitet. Diese Prozesse sind rasend schnell und mit einem Vielfachmeßgerät nicht erfassbar.

      Beim GRAETZ-Sinfonia 522 ist schaltungstechnisch eine solche Schaltung nicht vorgesehen und dementsprechend auch nicht im Schaltplan eingezeichnet. Nun gibt es aber doch einige Exemplare, in die dieses Boucherot-Glied eingebaut wurde; wie steht es in Schaltplänen immer so schön geschrieben: „Änderungen vorbehalten!“

      Die Praxis zeigt nun, das manchmal der Widerstand dieses RC-Gliedes verbrannt ist. Das kann daher rühren, daß der Kondensator einen Kurzschluß hatte. Beim Erneuern des Kondensators sollte man wissen, daß hier ein i m p u l s f e s t e r Kondensator mit hoher Wechselspannungsfestigkeit eingebaut werden muß !

      Um auf der ganz sicheren Seite zu sein, empfiehlt es sich, Kondensatoren aus der Fernsehtechnik, sogenannte Booster-Kondensatoren, zu verwenden. (Auch Entstörkondensatoren aus dem Primärkreis von Schaltnetzteilen sind verwendbar).

      Für diese Graetz-Version sind die ORIGINALWERTE:

      C: 5.000pF (5nF) / 550V~ (meiner Meinung nach zu geringe Spannungsfestigkeit, die Praxis hats auch gezeigt)

      R: 12K.ohm / 2 Watt (Belastbarkeit ebenfalls knapp bemessen)

      Als Ersatz nehme man aus der Fernsehtechnik (oder Computer-Monitortechnik):

      C: 5.100pF (5,1nF) / >1250V- (Boosterkondensator, Horiz. Ablenkung, 1250 … 2.000V- ist handelsüblich)

      R: 12K.ohm / 4 Watt

      Nun, beim Thema Kondensatoren fällt mir noch ein, daß oft in Netztrafonähe Entstörkondensatoren verbaut wurden. Auch hier ist es ZWINGEND, Ersatzkondensatoren mit sehr hoher Wechselspannungsfestigkeit zu verwenden. Diese Kondensatoren liegen in der Regel auch immer zw. 5 und 10nF. Das naheliegendste ist, auch hierfür Kondensatoren aus der Fernsehtechnik zu verwenden. Nehmen Sie NICHT die üblichen Kondensatoren, die man in der übrigen Kondensatoren-Sanierung verwendet !

      Es gibt „Spaßvögel“, die immer behaupten, man könne diese Dinger einfach so gefahrlos weglassen.

      DAS STIMMT N I C H T !

      Denken Sie auch hier wieder an die SELBSTINDUKTION, die in der Primärwicklung des Netztrafos entstehen kann.

      Insbesondere beim AUSSCHALTEN des Gerätes kann es durch diese Selbstinduktion zu Spannungen im Kilovoltbereich kommen, die zu einer Bildung großer ABRISSFUNKEN im Netzschalter führt, die diesen mit der Zeit zerstören (Kontaktabbrand)

      Außerdem kann es zu einem Brummen im AM-Bereich kommen, wenn diese Kondensatoren fehlen.

      Boosterkondensatoren gibts preiswert bei Pollin-Elektronik. Preiswert deshalb, weil die Zeiten der Bildröhren-Fernseher bzw. -Monitore vorbei ist. In Flachmännern gibts nämlich keine Boosterschaltungen 😉

      Auf gutes gelingen…

  2. Dietrich Knuf sagt:

    Vielen Dank für die Bilder, letzte Woche ist mir genau so eine Sinfonia 522 auf dem Recyclinghof (!) zugelaufen. Das Gerät ist soweit gut erhalten und spielt, nur eine Skalenschnur ist gerissen und leider wurden die Lautsprecher verbastelt. Dank der Fotos konnte ich schon die Farben der 3 Anschlussdrähte wieder zuordnen. Leider fehlen die Drossel (vermutlich das gelbliche Teil links vom Hochtöner), der Hochtöner selbst und der Widerstand (silbrig, am Schallkopressor).
    Für Ideen zur Ersatzbeschaffung wäre ich dankbar!
    Auffällig ist dass bei dem Gerät die beiden „großen“ Lautsprecher nicht vollständig baugleich sind. Original sehen sie aber schon aus.

  3. Ulrich sagt:

    Hallo zusammen,
    ich bin seit heute auch im Besitz eines Sinfonia 522. Der Zustand ist sehr gut und morgen geht es an den Probelauf nach der Kondensatorkur. Bzgl. der angesprochenen Kathodenelkos der EL 84, ist der Fehler auch messbar oder soll ich ihn generell tauschen. Optisch sieht er gut aus.
    Viele Grüße und danke vorab,
    Uli

    1. Diogenes sagt:

      Hallo „Ulrich“,
      .
      vorsichtshalber sollten Sie diesen Elko erneuern. Prüfen Sie auch den dem Elko parallelgeschalteten Kathodenwiderstand. Sollte dieser verfärbt sein und/oder einen unpassenden Wert haben, wechseln Sie auch diesen aus. Verwenden Sie als Ersatz einen Metallschichtwiderstand.
      .
      Das sind insgesamt nur ein paar Cents, die sich lohnen.
      .
      Viel Erfolg,
      .
      Diogenes

      1. Ulrich sagt:

        Vielen Dank, das schaue ich mir an sobald der Weihnachtsurlaub da ist.

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